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Zwischenruf

14. April 2023

Atomkraft Ende - ein Ende mit Schrecken?!

Am Samstag werden die letzten drei verbliebenen stromproduzierenden Atomkraftwerke in Deutschland, die Meiler Isar 2 in Bayern, Emsland in Niedersachsen, und Neckarwestheim 2 in Baden-Württemberg, abgeschaltet. Ursprünglich wäre deren Ende schon zum 31. Dezember 2022 laut Gesetz beschlossen gewesen, aber aufgrund der aktuellen energiepolitischen Lage durch den Ukraine-Krieg wurde das Enddatum im Herbst auf Druck der Freien Demokraten in der Regierung nochmals um wenige Monate für eine sichere und bezahlbare Versorgung über den Winter hinaus verschoben. Es ist kein Geheimnis, dass viele meiner FDP-Kollegen und ich im Deutschen Bundestag auch eine Verlängerung über diesen Zeitpunkt hinaus für sinnvoll erachten würden oder zumindest ein in Reservehalten der 3 Kraftwerke für geboten ansehen. Aber hier sind die Koalitionspartner Grüne und SPD bislang zu keinen weiteren Anpassungen bereit.


Auch wenn der Anteil der Stromerzeugung mit knapp 7 Prozent in 2022 verhältnismäßig gering erscheinen mag, so ist der Prozess der Stromerzeugung aus diesen Kraftwerken ohne CO2 Ausstoß und vor allem immer verfügbar und bezahlbar. In einer Zeit, wo der Stromverbrauch stetig ansteigt und auch durch die Elektrifizierung vieler Lebensbereich wie beispielsweise dem flächendeckenden Betrieb von Wärmepumpen oder E-Autos noch weiter ansteigen wird, erscheint es mir anachronistisch sich von diesen sicheren Stromquellen komplett und damit auch von der Energietechnologie Kernkraft und deren Weiterentwicklung komplett zu verabschieden.


Vergessen habe ich aber auch nicht den Hintergrund vor dem der Ausstieg 2011 unter schwarz-gelber Regierung verabschiedet wurde. Fukushima war das Schreckensereignis und hat in Deutschland die ohnehin schon lange von der Umweltbewegung und großen Teilen der Bevölkerung kritisierte Atomkraft mit dem strahlenden Atommüll ins Aus katapultiert. Ich habe diese Entscheidung rational schon damals nicht verstanden. Mein aus Frankreich stammender Ehemann und unser französisches Umfeld rätseln bis heute, warum gerade die sonst doch so vernunftbegabten Deutschen der Atomkraft den Rücken vollständig kehren, während Frankreich den Bau neuer Kraftwerke prüft und bei der Versorgung wie auch andere europäische Nachbarländer stark auf Atomstrom setzt. Emotional sprach damals alles dafür, aber wer sich in der Energiepolitik etwas auskennt und vor allem über den deutschen Tellerrand hinausblickt, der fragt sich schon, wie das mit den sonstigen Zielen und Szenarien heute noch zusammengehen soll.


Heute hält den Komplett-Ausstieg die Mehrheit in Deutschland laut Umfragen für falsch. Deutschland will eine klimafreundliche Energieerzeugung und ist zudem Strom-hungrig wie nie zuvor. Die verbliebenen Kernkraftwerke wurden jüngst noch vom TÜV als sicherheitstechnisch unbedenklich und in exzellentem Zustand eingestuft. Es bleibt also leider eine vorrangig ideologische Abkehr. Und die als Brückentechnologie verstandenen Gaskraftwerke sind durch die beendete Gasversorgung aus Russland in Frage gestellt, der Kohleausstieg wurde ebenfalls beschlossen und so bleiben die noch zu gering ausgebauten Erneuerbaren Energien aus Sonne, Wind und Wasser, die aber ohne Speicher und Netze nicht grundlastfähig sind. Deutschland versucht die Quadratur des Kreises und wird, das prognostiziere ich, teuren Atomstrom aus den Nachbarländern zu Spitzenzeiten zukaufen und schmutzige Kohlekraftwerke weiterlaufen lassen müssen. Die Energieabhängigkeit und der CO2 Ausstoß bei der Stromerzeugung steigen, aber unsere Weste bleibt ab Samstag vermeintlich weiß. Für mich ist das Ende der Atomkraft ein Ende mit Schrecken und die nächsten Jahre werden erst zeigen, ob dieser energiepolitische Alleingang unseres Landes tragfähig in Europa ist.

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