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Kleine Anfrage: Kosten der (Post-)Brexit-Verhandlungen

6. Oktober 2020

Der Brexit erscheint vier Jahre nach dem Referendum als unendliche Ge- schichte: Am 23. Juni 2016 stimmten 51,9 Prozent der britischen Wähler im sogenannten Brexit-Referendum für den Austritt des Vereinigten Königreichs (VK) aus der Europäischen Union („Brexit“). Dieser Tag markiert eine historische Zäsur in der Geschichte der europäischen Integration. Die Fragestellerinnen und Fragesteller respektieren den Willen des britischen Volkes, bedauern jedoch zutiefst den Austritt eines engen und geschätzten Partners aus der Europäischen Union.

In Anerkennung des Referendums teilte das Vereinigte Königreich dem Europäischen Rat am 29. März 2017 mit, dass es gemäß Artikel 50 des Vertrags über die Europäische Union (EU) aus der EU auszutreten beabsichtigt. Damit begann eine Frist von zwei Jahren, die ursprünglich am 29. März 2019 mit dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union enden sollte. Nachdem zunächst die Ratifikation des Austrittsabkommens im britischen Unterhaus scheiterte, wurde eine sechsmonatige Verlängerung beschlossen. Am 17. Oktober 2019 erzielten die Regierung des Vereinigten Königreichs und die Europäische Kommission in Vertretung der 27 EU-Mitgliedstaaten einen Kompromiss über ein überarbeitetes Nordirland-Protokoll, das dem Austrittsabkommen angehängt wurde, sowie eine politische Erklärung zu den zukünftigen Beziehungen. Als neues Austrittsdatum wurde einvernehmlich der 31. Januar 2020 bestimmt.


Nachdem das Austrittsgesetz vom britischen Parlament beschlossen und durch die Unterzeichnung durch die britische Krone am 23. Januar 2020 Rechtskraft erlangt hatte, hat auch das Europäische Parlament am 29. Januar 2020 seine Zustimmung zu dem aktualisierten Austrittsabkommen gegeben. Das Vereinigte Königreich ist damit seit dem 1. Februar 2020 nicht länger Mitglied der Europäischen Union. Neue


Aufgrund der im Ratifikationsprozess eingetretenen Verzögerung verkürzt sich die Übergangsphase, in der sich das Vereinigte Königreich verpflichtet hat, weiterhin die Regeln der Europäischen Union einzuhalten, um einen reibungslosen Übergang zu ermöglichen, erheblich. Statt der ursprünglich vorgesehenen 21 Monate bleiben von dieser Übergangszeit, die am 31. Dezember 2020 endet, nur noch elf Monate. Somit bleibt nur noch wenig Zeit, um die in der gemeinsamen Politischen Erklärung vom 17. Oktober 2019 niedergelegten Ziele mit einem Abkommen über die zukünftigen Beziehungen mit Leben zu füllen. Sollte dies bis zum 31. Dezember 2020 nicht gelingen, wird das Szenario einer wirtschaftlichen Abkoppelung von EU-Standards und dem „Level Playing Field“ der EU schlussendlich doch Realität werden. Dieses Szenario eines „ökonomisch ungeordneten Brexit“, dem Albtraum vieler europäischer Firmen, könnte dann nur noch vertagt werden, sofern die britische Regierung von der Möglichkeit zur Verlängerung der Übergangsphase Gebrauch macht, was sie bereits mehrfach vehement abgelehnt hat. Deutsche Bundesministerien haben viele Ressourcen in partnerschaftliche Beziehungen zum Vereinigten Königreich und in die Begleitung der Verhandlungen eines EU-VK- Freihandelsabkommen investiert, welches ein „Level Playing Field“ und einen geordneten Übergang für Unternehmen garantieren soll.



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