Interfraktionelle Parlamentsgruppe „Bahnlärm“ hat sich zum dritten Mal konstituiert.
Berlin: Dazu erklären die Initiatorinnen und Initiatoren Sandra Weeser, MdB (FDP), Tabea Rößner, MdB (Bündnis 90/Die Grünen), Martin Diedenhofen, MdB (SPD) und Erwin Rüddel, MdB (CDU/CSU):
Wir wollen die konstruktive und erfolgreiche Arbeit der Parlamentariergruppe Bahnlärm auch in der 20. Wahlperiode des Deutschen Bundestags fortsetzen.
Unser Ziel bleibt es, den Bahnlärm zu reduzieren. Zwar hat die Parlamentsgruppe schon einiges erreicht – nicht zuletzt die Verabschiedung des Schienenlärmschutzgesetzes, das nur mit Druck der Parlamentsgruppe auf den Weg gebracht wurde.
Lärmschutz bleibt aber eine Daueraufgabe. Bei der für den Klimaschutz dringend notwendigen Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene wird die Belastung durch Lärm eher noch zunehmen. Daher wollen wir insbesondere die Umsetzung und Einhaltung des Schienenlärmgesetzes begleiten, als Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner gerade für die vielen Bürgerinitiativen, die sich vor Ort für Lärmschutz einsetzen, dienen und die Interessen der Lärmbelasteten im Bundestag vertreten.
Schon jetzt haben sich 15 Kolleginnen und Kollegen aus allen Fraktionen in unserer Parlamentsgruppe zusammengefunden.
Wir sind nicht gegen die Bahn! Sie ist das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Aber wir fordern, dass die Bahn leiser wird, insbesondere im Schienengüterverkehr. Nur eine leisere Bahn wird von den Menschen akzeptiert. Wir wollen deshalb im Dialog mit der Bundesregierung, der Deutschen Bahn AG, den privaten Waggonbesitzern, den Bürgerinitiativen und der Wissenschaft weiterhin alle Hebel in Bewegung setzen, um signifikante Fortschritte beim Lärmschutz zu erreichen.
Seit 2020 müssen alle nicht umgerüsteten ausländischen und in Deutschland verkehrenden Güterwagen Geschwindigkeitsbeschränkungen – und notfalls Nachtfahrverbote – einhalten. Allerdings wurde das Gesetz vom damaligen Verkehrsminister Scheuer zunächst ausgesetzt. Laut Gesetz dürfen deutsche Wagenhalter mit nicht umgerüsteten Waggons seit 2020 nicht mehr verkehren. Wir setzen uns für das Verbot lauter Güterwagen auch auf EU-Ebene ein.
Bei Bahnlärm muss – wie bei allen Umweltbelastungen – das Verursacherprinzip greifen. Für Schallschutzmaßnehmen müssen aktuelle Maximalpegel – und nicht Durchschnittspegel - maßgebend sein. Erforderlich ist ferner eine Gesamtlärmbetrachtung.
Der Güterverkehr soll zukünftig durch neue Trassen, Zugverdichtungen, Zugverlängerungen und die Digitalisierung deutliche Zuwachsraten erfahren und damit andere Verkehrsträger entlasten. Diese Entwicklung ist im Grundsatz zu begrüßen; sie darf jedoch nicht dazu führen, dass dies mit mehr Lärm für die Betroffenen einhergeht.
Daher fordern wir u.a.:
• Die WHO-Grenzwerte zum Gesundheitsschutz von 40 dB(A) nachts, übergangsweise 55 dB(A), sind einzuhalten. Die betroffenen Anwohner müssen einen Rechtsanspruch auf Lärmschutz erhalten.
• Bei der Bewertung von Kosten-/Nutzen-Analysen müssen Folgekosten (auch Gesundheitskosten) eingepreist werden, genauso wie Lärmvermeidung durch alternative Technologien oder Strecken.
• Die Umrüstung der Güterwagen auf lärmarme Verbundstoffbremssohlen soll Ende 2020 abgeschlossen sein. Dennoch muss weiter an lärmminimierende Lösungen gearbeitet werden. Alle verfügbaren Technologien zur Lärmminderung am rollenden Material und am Gleis sind zügig zu implementieren.
• Die Waren- und Instandhaltungslogistik ist so zu optimieren, dass eine bessere Auslastung des Waggonbestandes erreicht und veraltete Güterwaggons schneller ersetzt werden können.
• An stark frequentierten Gleisanlagen sind vollautomatische Überwachungsmechanismen zur Kontrolle des Rad-Schiene-Kontaktes/Zugmonitoring zu installieren. Lärmverursachende Schäden können zur Schadensregulierung umgehend an Waggon-Eigentümer gemeldet werden.
• Der passive Lärmschutz entlang der Bahnstrecken ist kontinuierlich zu erweitern. Dabei kommt der Entwicklung und Erprobung neuer Technologien für aktiven und passiven Lärmschutz besondere Bedeutung zu.
• Installierung einer preislichen Lenkungsfunktion durch eine stärkere Spreizung der lärmabhängigen Trassenpreise nach dem Modell der Schweiz.
Schließlich bekräftigen wir, dass Deutschland mehr (tunnelgeführte) Neubaustrecken benötigt. In diesem Zusammenhang drängen wir darauf, die Kosten-Nutzen-Analyse für die tunnelgeführte Neubaustrecke „Troisdorf/Mainz-Bischofsheim“ möglichst rasch abzuschließen, damit diese vom potentiellen Bedarf in den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans höhergestuft werden kann.